Kalle allein zum Nordkap

Abfahrt: 5.4.2014  1.Etappe Burgdorf Kiel über Celle-Uelzen-Lüneburg-Schwarzenbek => 271 km

Ab Lüneburg Regen bis Schwarzenbek. Ich hatte die Strecke gewählt, um nicht stundenlang auf der langweiligen Autobahn zu fahren. Nun fahre ich stundenlang hinter Lkw’s her – auch ziemlich langweilig.

6.4.2014  2.Etappe Göteborg über E 20 nach Gävle =>  547km

Nachdem ich Göteborg verlassen hatte, bin ich ca. 3 Stunden durch den Regen gefahren, teilweise war er so stark, dass ich die Fahrzeuge rundherum kaum erkennen konnte. Am Nachmittag war dann ab Örebro besseres Wetter, ich bin bis Gävle gefahren und habe dort übernachtet.  Auf dem letzten Teilstück dorthin habe ich einen sehr hohen Verbrauch gehabt. Am Montagmorgen konnte ich das  beheben - es war ein defekter Benzinschlauch.

7.4.2014  3.Etappe von Gävle nach Örnköldsvig 368 km

Ich bin von Gävle aus im Regen losgefahren und dachte, dass das ein doofer Etappenbeginn ist. Jedoch bin ich nach ca. 50km eines Schlechteren belehrt worden. Der Regen ging in Schnee über – das blieb so bis ca. 40km vor Sundsvall. Ich habe dort eine 2-stündige Pause gemacht.

Ab kurz vor Sundsvall war es dann trocken – wurde dann aber richtig kalt. Ich bin noch heute sehr froh, dass ich meine komplette Winterausrüstung dabei habe, mein Winterfahranzug ist einfach spitze.

Irgendwann gegen Abend bin ich in Örnköldsvig angekommen. Ich habe dort für 3 Monate das Haus von Miriam, Peter und ihren 3 Kindern, die in dieser Zeit in Deutschland verweilen wollten, gemietet.

23.4.2014     Da ich ja noch viele Fahrten hier oben unternehmen werde, muss ich dann doch noch einmal die Fußdichtung an meinem linken Zylinder abdichten. Ich hatte ja vorsorglich die Dichtungen dafür mit eingepackt. Besser ist es, ich führe die Reparatur hier in Peters Garage durch, als irgendwo unterwegs, wenn das Ölen richtig schlimm werden sollte. Damit war ich dann auch 6 Stunden beschäftigt.

24.4.2014

Leider ist die Hohlschraube für die Ölversorgung des Zylinderkopfes abgerissen.

Bei herrlichstem Wetter versuchte ich in Örnköldsvig so eine Normschraube zu bekommen. Ist ja ganz einfach – Hohlschraube (banjobold) M8 x 25, Gewindesteigung 1,25 mm. In 2 Motorrad- bzw. Moped Geschäften und 2 Industriezubehörläden war das Ergebnis negativ. Dann bin ich in eine Toyota-/BMW – Werkstatt gegangen (mehr oder weniger aus Verzweiflung), dort hatte ich einen sehr netten Ersatzteilverkäufer. Der hatte auch keine passende Schraube, hat aber für mich bei weiteren 3 Industrievertretungen angerufen und nachgefragt – Ergebnis auch negativ. Es bleiben nur noch 2 Möglichkeiten:

Ein Teil von Ecki schicken lassen oder selber anfertigen. Ich habe mich für die 2. Lösung entschieden, da ich ja fahren wollte. Kaufte einige Spiralbohrer und habe eine normale Sechskantschraube M8 mit Peters Akkubohrmaschine aufgebohrt (nicht ganz mittig, aber mittig genug). Dann noch die Querbohrung hinein, zusammengebaut, weiter gefahren!

30.4.2014

 Ich habe aus dem Internet die Adresse vom hiesigen Motorradclub gegoogelt und auf deren Veranstaltungsplan gesehen, das sie heute eine Motorradrundfahrt veranstalten, die „Brasrunda“ (Feuer abfahren) anlässlich des Sista april“ (Letzter April) genannt. Wie auch in Deutschland zu Ostern, werden in dieser Nacht hier in vielen schwedischen Orten und Gemeinden große Feuer entzündet. Majbrasa, das Maifeuer, wird in Schweden aber weniger mit Hexen und ihrem Schabernack in Verbindung gebracht; vielmehr geht bei diesem Frühlingsfest alles Alte und Dunkle in Flammen auf, damit Neues entstehen und Licht und Leben wieder Einzug halten können. Wie sehnen die Schweden doch den Frühling herbei, nach all diesen langen, kalten und dunklen Monaten!

 1.5.2014

 Nach dem Schneefall heute Morgen ist der Tag dann doch noch sehr schön gewesen. Ich bin zu dem Clubheim vom ÖMCC gefahren, die heute so etwas wie einen „Tag der offenen Tür“ veranstaltet haben.

Sie haben einen schönen Klubraum mit Bar und Küche, eine Werkstatt und einen Raum in dem viele Mitglieder ihre Motorräder stehen haben (zur Überwinterung). Ich habe dort einige Stunden verbracht und habe sehr viel erzählt und gehört – alles auf Englisch, was die Sache natürlich sehr anstrengend macht. Letztendlich sind das alles sehr nette Menschen und relativ alt (ich gehörte zu den Jüngeren), die augenscheinlich sehr viel Geld für Motorräder ausgeben. Eine BMW R 1200 RS ist da schon eher ein „Billigmodell“, Harley und Boss Hoss sind "in" . Sie waren aber auch ganz aufgeschlossen gegenüber meinem geliebten „Eisenhaufen“.

3.5.2014

„Die Kulturhauptstadt Sami unsere - "Gijrra“ ist hier!“  (das muss wohl Heimat heißen, ich habe dafür keine Übersetzung gefunden)

– so lautete die Überschrift zu einem kulturellen Stadtfest in Ö-vik. Mit Modenschauen moderner samischer Trachtenkleidung, traditionelle Musik der Samen (der Superstar sang ein Lied nur aus den Lauten „ Hooo…ayeee…jay….ahhj….ohhhh….u.s.w.), aber auch Rock- und Chormusik. Es waren samische Koten aufgestellt und man konnte dort so etwas Ähnliches wie Pita mit Rentierfleisch essen. Die Leute waren sehr verrückt danach.

14.5.2014   - gen Norden

                                                                                                           Quelle: https://www.google.de/maps

So sah meine Route aus.

Es sollte früh losgehen. Da ich ab 5:00 Uhr nicht mehr schlafen konnte, bin ich dann auch aufgestanden und saß um kurz nach 6:00 Uhr auf dem Motorrad. Über Umea bin ich die E 4 bis kurz hinter Lulea und dann weiter auf der E 10 bis Överkalix gefahren. Von dort dann die R 392 rechts ab nach Pajala.

 

Ständig fuhr ich an Warnschildern vorbei „Vorsicht Rentiere“.

Kamen aber keine…

Und dann? Dann habe ich sie gesehen. Erst eine Mutter mit zwei Jungen (bis ich endlich stand und den Fotoapparat herausgefummelt hatte, waren sie dann auch schon im Wald verschwunden) und weitere Rentiere.

Hier betätige ich mich             Fenster mit Aussicht            ...in Norwegen

als Rentiertreiber.

Für 200 SEK ein überdurchschnittlich günstiger Preis. Mein Mut wurde belohnt. Die Hütte ist zwar recht betagt, aber sauber, komplett eingerichtet und eine Traumlage

am Tornioälven, der in diesem Abschnitt noch zugefroren war. Die Sonne schien den ganzen Tag, aber hier ist es noch deutlich kälter als in Ö-vik. Übrigens ist Pajala eine Gemeinde, zu der auch 9 Samendörfer gehören. Hier finden auch Kälbermarkierungen und Rentierscheidungen statt (die Herden werden getrennt, nicht die Ehen). Früher, bis 1879, wurde hier Eisenerz zu Roheisen verhüttet. Wenn ich mir heute den Ort ansehe, der stark zersiedelt ist, besteht das Zentrum lediglich aus einer Hamburgerbude (von der ich auch die Schlüssel für die Hütte abholte) und ein paar einfachen Geschäften.

In der kurz nach der Grenze kommenden Stadt Kolari geht es einmal links ab und dann immer geradeaus durch die endlosen (und auch trostlosen) finnischen Wälder. Nach ca. 150 km verlasse ich die E 8, um auf der R 93 in Richtung Kautokeino weiterzufahren. Ich passiere die norwegische Grenze und erreiche abends die Stadt Alta, in der ich die nächste Übernachtung hatte.

16.5.2014

Von Alta aus fuhr ich die E 6 in Richtung Norden. Nach dem Verlassen des Einzugsbereiches von Alta ging es in die Berge. Vorbei an Plätzen, an denen man Schneeketten aufziehen kann, erreichte ich ein Gebiet, das für die nächsten 100 km so etwa aussieht >

An einer Tankstelle in Skaidi sprach mich ein Norweger an, der mit seiner Frau und Wohnmobil unterwegs war. Bisschen Smalltalks. Er war sehr an meinem Motorrad interessiert, ihm war auch aufgefallen, dass ich alles einhändig mache. Er regte sich über den schlechten Zustand der Straßen in Norwegen auf, obwohl die Regierung jede Menge Geld hat. Er sagte mir auch, dass in diesem Jahr das erste Mal seit 25 Jahren um diese Zeit in dieser Region noch Schnee liegen würde.

Ich kam auf die Küstenstraße. Mit vielen Tunnels, sehr wenig Autoverkehr, noch weniger Menschen, die man im Freien sieht, dafür immer wieder Rentiere. Ich dachte mir warum die so viele Männchen in ihren Herden haben, weil die fast alle Geweihe tragen, bis ich aufgeklärt wurde, dass das die einzige Rasse ist, die die Gleichberichtigung von Natur aus beherzigen – die Weibchen haben auch Geweihe. Beide Geschlechter werfen sie auch jedes Jahr ab und es wachsen ihnen neue.

Hinter jeder Kurve, hinter jeder Kuppe entpuppte sich die Landschaft immer wieder atemberaubend schön, interessant und gefährlich. Die Einheimischen betrachten das Kurvengeschlängel wohl als ihre private Trainingsstrecke, fährt jemand normal langsam, ist es ein Tourist. Insgesamt kommen mir aber sehr, sehr wenig Autos entgegen – vielleicht alle 5 Minuten mal eins? Die Straße ist an vielen Stellen quasi in die Felsen gehauen. An diesen Stellen löst sich auch mal der eine oder andere Stein. Was von oben kommt kann man nicht beeinflussen, dass es aber Steinschlag gibt, davon zeugen die Relikte, die auf der Straße liegen.

Übrigens – die Nordkapp-Straße ist so alt wie ich – sie wurde erst 1956 eingeweiht. Davor war es nur ein „Weg“. Die Einwohner sind, wenn überhaupt, nur mit Schiffen versorgt worden.

Es geht durch den 1997 erstellten (zu der Zeit der längste Tunnel Europas) auf die Insel Mageroeya (magere Insel) nur Steine, Felsen, Flechten Moose, hin und wieder ein Grashalm, Rentiere und Schnee, reichlich davon, der auch in der Regel bis Mitte Juli liegen bleibt.

Und im Sommer jede Menge Touristen. Meine Wirtin sagte, es sei manchmal wie bei einer Völkerwanderung.

Die Hurtigrutenschiffe legen hieran. Die Passagiere werden dann mit Bussen zum Kap befördert.

Ich muss die Wirtin noch einmal lobenswert erwähnen. Nachdem sie mitbekommen hatte, dass ich nur einen Arm bewegen kann, hatte sie das für mich vorgesehene Zimmer im 4er Schlafsaal gecancelt und mir ein 2-Bett- Zimmer gegeben, das ich auch nur allein belegte. In der Saison ginge das nicht, aber jetzt – no problem. Während ich mein Gepäck holte, bezog sie mein Bett (mit der guten Ikea Bettwäsche) und fragte, ob sie noch mehr für mich tun könnte.

Am nächsten Morgen beim Frühstück hat sie dann mein Geschirr abgeräumt und noch etwas Smalltalk – sie hatte ja etwas Zeit. Von ihr habe ich auch die Informationen über die Gegend.

 17.5.2014

Das Wetter ist hervorragend, Sonnenschein, recht mild und wenig Wind. Die Wirtin erzählte mir gestern bei meiner Ankunft, dass sie den letzten Pass zum Nordkap tags zuvor wegen Schneeverwehungen sperren mussten, bis die Räumfahrzeuge die Schneemassen beseitigt hatten. Nach einem guten Frühstück ging es los. Der Norweger an meinem Nachbartisch fragte mich, ob ich denn heute zum Kap fahren wollte, es sollte dort sehr stürmisch werden und regnen. Er fügte noch hinzu - ab nachmittags. Bis dahin wollte ich ja wieder zurück sein!

Ich startete um 10 Uhr (die öffnen dort erst um 11 Uhr) und fuhr die letzten 35 km.

Das Ziel ist nach insgesamt 2780 gefahrenen Kilometern erreicht. Das Nordkap!


Francesco Negris sagte einmal als er 1664 hier war: „Hier, wo die Welt endet, nimmt meine Neugier ein Ende und ich kehre zufrieden nach Hause zurück.“

Ich, Kalle Röber sage: „Der Mann hatte Recht!“

Das kann keiner fotografieren, wenn er mit Hurtigruten und Bussen hier hoch kommt.

Wegen dieser Kugel strömen die Menschen in großen Massen gen Norden.

Blöd nicht?

Die Dame ist bestimmt nur die letzte Steigung vor dem Nordkapp mit dem Fahrrad gefahren. Ihr Mann empfing sie oben und der hatte ein WoMo dabei.


Und der Norweger von heute Morgen hatte auch Recht. Es fing um 13 Uhr an zu regnen und es wurde so stürmisch, dass die Guzzi große Schwierigkeiten hatte, die Steigungen bei dem Gegenwind hochzuklettern.

18.5.2014

Noch ein Frühstück bei der netten Wirtin und um 10 Uhr ging es wieder los.Es ging erst einmal bis Alta zurück. Dann über Kafjord, dort gab es bis ins 19. Jh. ein Kupfererzbergwerk, welches von Engländern betrieben wurde, die dem Ort auch eine im englischen Baustil errichtete Kirche spendeten, die bis heute noch erhalten ist. Dann ging es am 29 km langen Langfjorden vorbei, der von schneebedeckten Bergen eingefasst ist, über Alteidet am Joekkelfjord, Rotsund, Olderdalen nach meinem Etappenziel Birtavarre.

Blick vom Joekkelfjord auf den Trolldalstind

Ein kleiner Teil vom 29 km langen Langfjorden


Die Hütte in Birtavarre hatte ich heute Morgen wieder über Booking.com gebucht. Genau wie zuvor in Honningsvag und Pajala. Man bekommt von denen günstige Angebote, wenn man ankommt sind die Hütten geheizt und, das Wichtigste, man bekommt überhaupt eine. Denn die Saison hat hier immer noch nicht angefangen und die Plätze sind noch verwaist – es ist noch kein Urlauber da!

Kleines Rechenbeispiel:

 

Skibotn ist von Hamburg mit 2250 km genau so weit entfernt wie vom Nordpol!

 

19.5.2014

Kurz vor Skibotn passierte ich die Straße „Bollmannsveien“, die im 2. Weltkrieg von russischen, jugoslawischen und polnischen Kriegsgefangenen gebaut wurde, viele Mahnmale erinnern daran.

 << Dieser Straßenabschnitt der E 6 gehört auch dazu.

 

Die Deutschen haben Erz aus Kiruna (Schweden) per Bahn in den eisfreien Hafen von Narvik transportiert, um es von dort schnell per Schiff ins Reich zu bringen, damit z. B. Krupp u.a. daraus weitere todesbringende Waffen herstellen konnten.

Narvik mit rund 20.000 Einwohnern ist im Verhältnis zu unseren Städten recht klein, aber in wirtschaftlicher Hinsicht eher groß. Hat sie doch die modernste Erzverladeanlage der Welt, in der 11.000 t Erz aus den nordschwedischen Gruben pro Stunde verladen werden kann. Im Jahr rund 15 Mio. Tonnen, die auf rund 1000 Schiffe verteilt werden.

 

 

Sieht nicht schön aus, ist aber effizient.

Erzverladeanlage in Narvik.

 

 

Der Streckenabschnitt Kiruna–Narvik wurde erst am Anfang der 1980-Jahre gebaut und verläuft im schwedischen Teil weitgehend parallel zur 1903 in Betrieb genommenen Erzbahn. 1984 wurde dieser Abschnitt der E 10 vom norwegischen König Olav V. und dem schwedischen König Carl XVI. Gustaf eingeweiht. Im norwegischen Teil heißt die E 10 heute „Kong Olav V‘s vei“.

Hier fahre ich entlang des Torneträsk, noch komplett zugefroren,  es ist ein ca. 50 km langer Binnensee.

Gedanklich bin ich allerdings bei meinem hinteren Reifen. Als ich in Burgdorf losfuhr, war dieser Reifen fast neu. Er ist einseitig „runter“. Die Gründe, wie ich später erfuhr waren, dass die Straßen ausgewaschen sind. Durch Spikereifen und Schneeketten werden Steinchen aus dem Belag gebrochen, der dann sehr scharf wird. Die Reifen nutzen schnell ab wenn ich  immer auf der linken Flanke dieser sogenannten „Track Grooves“ fahre.

Ich hatte eine Adresse von einem Reifenhändler in Kiruna. Dem schrieb ich eine Mail, welchen Reifen ich benötige – negativ! Kann er, wenn überhaupt, erst in einer Woche bekommen. Ich rief den ADAC in München an. Die freundliche Frau wollte alles in die Wege leiten, damit mir vom schwedischen Autopannendienst geholfen wird. Der Mann rief mich eine Stunde später an und sagte mir, dass er erst am nächsten Tag tätig werden könnte, da alle Reifenhändler geschlossen hätten.

 

20.5.2014  Er rief dann am nächsten Tag zurück und sagte, er hätte keinen Erfolg gehabt, ich sollte es doch in Narvik in Norwegen probieren??? Tolle Hilfe!

Also, per Internet 3 Reifenhändler in Narvik gefunden und von allen eine Absage bekommen. Jetzt habe ich den ADAC in München wieder angerufen. Die haben mich mit dem Ersatzteilversandservice des ADAC verbunden. Die offerierten mir, wenn ich Glück hätte, könnten sie mir den passenden Reifen per Luftfracht nach Kiruna zukommen lassen. Er wollte sich genau erkundigen, wann solch ein Reifen dort sein könnte – warten am Rechner und am Telefon. Vorsorglich hatte ich schon einmal mein Quartier verlängert. Der nette Vermieter hat mir angeboten, mein Rad am nächsten Tag zur Reifenwerkstatt nach Kiruna zu bringen. Der ADAC – Mann rief an und sagte mir, leider wäre Luftfracht nicht möglich, Kiruna hat keinen Cargo-Port. Die normale Zustellung würde mindestens bis Montag dauern, also die gleiche Zeit als wenn ich den Pneu beim Reifenhändler in Kiruna bestelle. Eine Viertelstunde später bekam ich eine Mail von einem Händler aus Narvik – er kann doch etwas für mich tun. Ich erkundigte mich bei meinem Vermieter nach Zugverbindungen nach Narvik. Als seine Frau das mitbekam, bot sie sich an, mich zu fahren, da sie sowieso irgendwann dorthin wollte, aber mit ihrem Baby das nicht allein könnte. Nun hatte ich einen Job als Babysitter für den kleinen Sebastian.

21.5.2014

Nun war ich dann aber doch nicht der Babysitter während der Fahrt, weil noch eine Freundin von ihr mitkam. Es ging schnell nach Narvik (Mercedes 500 ML). Leider war der Reifen nicht der, der bei mir in den Papieren eingetragen ist, aber, scheißegal, damit kann ich fahren. Um 16 Uhr waren wir zurück, ich baute das Rad wieder ein. Danach gab es Shrimps, fangfrisch aus der Narviker Fischhalle, die ich ausgegeben hatte (sie wollte nicht, dass ich mich an den Benzinkosten beteilige). Dazu wurde noch ein anderer Gast eingeladen, ein Engländer, der in Lund arbeitete und Schweden in Etappen durchwandert. Nicht schlecht der Junge, hatte er jetzt gerade 400 Km!!! abgelatscht.

Ich bin immer wieder überrascht, was man so für Leute auf der Welt trifft.

 

Ich kam pünktlich aus Abisko weg, Das Haus hat volle Punktzahl für die Bewertung bei Booking.com von mir bekommen – besser geht es nicht!

Auf dem Weg in den Süden wollte ich mir den Erzabbau in Kiruna ansehen. Kiruna entstand als Siedlung für das gleichnamige Eisenerzbergwerk. Damit die unter der Stadt liegenden Vorkommen abgebaut werden können, wird sie in den nächsten Jahren um fünf Kilometer nach Osten verlegt. Es sind schon viele Baumaßnahmen zu erkennen.

Der westliche Teil, den ich zuerst sah, hatte mich sehr erschreckt, weil alle Häuser dort weniger schön aussahen. Diese werden wohl demnächst im Erdboden versinken?

 

Hier sieht man, wie Erz im Tagebau gewonnen wird. Die ganze Gegend sieht wenig einladend aus. Ich kam auch nicht näher heran. Das Gelände scheint besser bewacht zu sein als Fort Knox in den USA.

 

Eishotel Jukkasjärvi in Schweden.

Während ich sonst, was Öffnungszeiten etc. anbetraf, immer zu früh war. Für das Eishotel war ich leider etwas zu spät, denn das Hotel taute langsam ab und es war nur noch etwas von dem Glanz vergangener Tage zu ahnen.

In Gällivare angekommen, musste ich mich erst einmal durchfragen, um die verhältnismäßig kleine Landstraße nach Nattavara zu finden. Natürlich sprach ich einen Schweden an, der kein Wort Englisch sprach – er konnte aber gut beschreiben:

Fingerzeig in Richtung Rondellen (Kreisel) – 3 Finger gezeigt – 3. Ausfahrt – Bru (Brücke) – Fingerzeig links – Handzeichen für wellige Straße. Alles klar.

Oh, dachte ich, wenn ein Schwede eine Straße als schlecht bezeichnet, dann kommt da jetzt etwas…

Und es kam, ich konnte nur maximal 50 km/h fahren, sonst hätte ich mir erst das Kreuz und dann den Rahmen des Motorrades gebrochen – oder umgekehrt. Rund 50 km habe ich von einem BMW – GS – Gespann geträumt, dann wurde die Straße super, leider nicht lange, ich habe mir noch schnell den Ort Nattavara angesehen und bin dann zurück zu dem Abzweig in die Pampa – es kamen ja noch 19 km Schotter bis ich Dirks Anwesen, das Wildnisdorf Solberget (Sonnenberg) erreichte.

Es war echte Wildnis!

Dort nun wohnen Dirk mit seiner Frau Silke, 3 Kindern (1,5; 3; 5 Jahre alt) in vollkommener Abgeschiedenheit mit einem Hirtenhund (Rasse habe ich vergessen), 8 Rentieren und Tamara aus Wien, einer Hofhelferin, die für 6 Wochen dort verweilt. Meine Frage nach den Schulmöglichkeiten für deren Kinder: „Im Moment noch unklar. Die Schule in Nattavara hat gerade geschlossen. Wir müssen uns wohl etwas in Jokkmokk (100 km entfernt) zum Wohnen suchen, wo wir abwechselnd wohnen werden. Einer von uns beiden muss den Hof führen und die Feriengäste betreuen“.

Ein ehemaliger Bauwagen mit Vorbau war mein Quartier…

…und innen sieht er so aus. Eingerichtet mit kleiner Küche, Esstisch und Doppelstockbett für 4 Personen.


Abends wurde die Sauna angeheizt. Wunderbare feuchte und milde Wärme von einem Holzsaunaofen gespeist.

„Bären verursachen unter den Rentieren in den nordschwedischen Sami-Dörfern offenbar weitaus größere Schäden als bisher angenommen. Insbesondere Kälber sind ihren Angriffen ausgesetzt. Darauf deutet ein Forschungsbericht hin, der gegenwärtig im Regierungsauftrag erstellt wird. So sind im Sami-Dorf Udtja in der Kommune Jokkmokk von den 1000 Kälbern, die im Mai geboren wurden, nur noch 500 am Leben“.

Und das Forschungsprojekt der Universität Schweden ist hier ganz in der Nähe.  Man hat riesige Waldflächen eingezäunt und belässt dort den Wildbestand sich selbst. Dort leben alle Waldtiere in ihrer natürlichen Population zusammen und man schaut, wie sich die Bestände verändern. Wichtig dabei ist es zu erkennen, inwieweit der Rentierbestand sich entwickelt mit dem Hintergrund, dass sie ja von den Bären und Wölfen dort gefrühstückt (manchmal gibt es sie auch erst zum Mittagessen) werden. Man möchte den Samen beweisen, dass der große Schwund in den Wäldern nicht unbedingt durch frei lebende Wölfe und Bären entsteht.

Die letzte Etappe! Sie war die Anstrengendste. A) weil es mit 44 km Schotterpiste losging. Ein großer Teil davon auch am Rande des Muddus Nationalpark und B) sie recht lang ist mit 636 km und C) weil der Abschnitt ab Lulea gaaanz langweilig ist, nur E 4 und nur Gegenwind!

Gerade frisch geglättete Schotterstrasse – aber total weich. Der Seitenwagen zog mich immer nach rechts.

Trotzdem war es wichtig für mich, den Umweg von fast 80 km zu machen und noch einmal zum  Monument am Polarkreis zu fahren,

wo ich am 5.2.2012 bei nahezu 40 Grad minus mit Ecki, Klaus und Alfons war.

Laut Dirk hatten sie dieses Jahr auf dem Wintermarkt in Jokkmokk nur 3 Grad minus.


Ich dachte, wenn ich schon an Ulf‘s Haustür vorbei-fahre, kann ich auch einmal „Hello“ sagen. Ich glaube, seine Bude sieht noch so aus wie 2 Jahre zuvor – alles immer noch an seinem Platz…

Eigentlich hatte die Guzzi die bisherigen rund 5000 km gut weggesteckt. Bevor ich rechts auf den Weg zu Ulfs Anwesen abbog fing das Teil an zu knallen und machte Fehlzündungen. Aha, dachte ich, sie erinnert sich an die Quälerei in der Kälte vor 2 Jahren und mag da nicht hinunter. Letztendlich habe ich sie aber mit frischen Zündkerzen milde gestimmt und sie lief wieder ohne Mucken.

Der Rest der Etappe gestaltete sich eher langweilig, wie ich es schon gedacht hatte, und war eigentlich nur Kilometerfresserei.

Abends um kurz nach 9 Uhr erreichte ich nach 3140 km wieder Örnsköldsvik und hatte –                                                             erst einmal die Nase voll vom Motorradfahren.

25.5.2014

Ich habe morgen meine Gäste: Sohn Steffen, Steffen B.; die beiden Brandes-Brothers und Kai kommen zu Besuch. Da muss ich noch ein paar Vorbereitungen treffen. Ich muss jetzt erst einmal einen Seitenwagen voll Verpflegung kaufen.

26.05.2014 Abends um kurz vor halb acht erreichten sie die Vattugatan 4 in Ö-Vik. Nass, durchgefroren aber in bester Stimmung. Allerdings hatte sich noch einer eingeschlichen: Timmy mein Neffe hatte sich kurzfristig ein Motorrad zugelegt und kam zu meiner Freude mit. Eine tolle Truppe, die so schön die „Macken“ des jeweils anderen tolerieren können. Nach dem Begrüßungsbier wurde gegrillt und erzählt – und Bilder angesehen. Steffen hatte sich eine Helm-Kamera geliehen, die auf dem Helm befestigt wird und per Fernbedienung vom Lenker aus eingeschaltet werden kann. So gab es auch einige bewegliche Bilder der Jungs während der Fahrt.

Ruhetag – für die Moppeds. Kleine Besichtigung meines „Haussees“, des „Hausberges“ und des Stadtzentrums von Ö-Vik. Abends gab es Nudeln und Bolognese und die nächste Tour wurde geplant.

                        Ausguckplattform vom Varvberget>>

Bei der letzten Schwedentour fiel Jörn ein Ort in Schweden ins Auge: Jörn! Und da wollte er hin, wenn er denn einmal wieder nach Schweden kommen sollte. Das war das Ziel des heutigen Ausfluges. Immerhin liegt der Ort noch weitere 300 km nördlich von Örnsköldsvik –   aber – Wat mut dat mut!   Er wurde noch von seinem Bruder Mark und Steffen R. begleitet.

Wir anderen wollten lieber einen Tag „chillen“. Wir haben dann nur eine kleine Tour gemacht und für das Abendessen eingekauft. Es sollte Kötbullar mit Originalsauce, Preiselbeeren und Zöpfli geben.

29.5.2014

Wir beschlossen nach einem ausgiebigen Frühstück die Gegend südlich von Ö-Vik anzusehen. Zunächst schauten wir nach Köpmannholmen Havnbad. Steffen B. täuschte vor, ging aber nur bis zum Knie ins Wasser aber Jörn ging komplett hinein – mit untertauchen – Respekt. Bisher waren die Lufttemperaturen ja kaum über 15 Grad geklettert, vor 7 Wochen, bei meiner Ankunft hier, waren noch viele Ostseefjorde zugefroren. Preisfrage: Wie warm könnte die Ostsee inzwischen geworden sein?

Von Köpmannholmen fuhren wir über Skuleberget nach Mjällom. Eine wunderschöne Landschaft zum Motorradfahren und Landschaft gucken bei Superwetter. Nach rund 180 km waren wir wieder zuhause. Wir wollten am Haussee grillen.

        Steffen B. und Steffen R.

Abfahrtstag! Es regnete!

Die Jungs taten mir Leid.


Ich verbrachte den Tag damit etwas sauber zu machen und wartete darauf, dass es trocken wurde….

 

…auch den nächsten Tag.

1.6.2014   Es war wieder richtig schönes Wetter.

Mein Ziel: Ögeltjärnsberget, ein Felsen, 91 m hoch, von dem aus man einen herrlichen Blick über die Inselwelt von Ö-Vik hat. Kein besonders großes Angehen, da es von Gulvik Havnbad aus nur 2.8 km sind – und das ganze wieder zurück.

2.6.2014   2-Tages-Wanderung

Ich packte nur meine Sachen und suchte mir eine Busverbindung nach Docksta heraus. Von dort wollte ich bis nach Köpmannholmen, durch das Naturschutzreservat auf dem Küstenweg zurück und in einer Wanderhütte übernachten.

3.6.2014

Bei sehr gutem Wetter startete ich morgens in Richtung Zentralstation. Der Überlandbus fuhr um 9:45 Uhr. Mmhhh, die ganzen Fahrgäste standen auf einer Liste. Der Busfahrer verglich nur die Namen. Alle vorgebucht! Das ist hier so üblich, per Internet sogar Busse zu buchen. Aber das Glück ist mit den Unwissenden, es war noch ein Platz frei und ich konnte direkt und cash bezahlen.

Es ging pünktlich los und irgendwann sah ich ein Hinweisschild „Skovde“. Na toll, hatte der Busfahrer mich nicht mehr auf dem Schirm, weil ich ja nicht auf seiner Liste stand. Abschnallen und durch den schwankenden Bus nach vorne zum Fahrer gehen. Als er mich im Rückspiegel kommen sah, fiel ihm wohl etwas ein. Letztendlich, sich mindestens 10 Mal Entschuldigend, ließ er mich an der E 4 raus. Somit hat sich meine Wandertour um 7 km verlängert. Kalle, positiv denken! Bis zur Wanderhütte Näskebodarna sind es jetzt aber rund 22 km – das wird dann doch hart. Der Rucksack mit knapp 10 kg presst meine Füße auch ziemlich fest in den Boden.

Von Skuleberget ging es zur Bucht von Kälsviken. Auch dort ein toller Rastplatz – zur Stärkung für den letzten Abschnitt von knapp 3 k bis zu der Wanderhütte in der ich nächtigte.

Diese Wanderhütten stehen allen Wanderern zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung. Nachdem ich den Ofen angemacht habe, hatte ich, nach Jörns Vorbild, Vollkontakt zur Ostsee.    Am nächsten Tag hatte ich auf den letzten 16 km tatsächlich Menschen getroffen. Es war eine Männerwander-truppe von 3 Personen und noch ein Pärchen.

5.6.2014

Ich werde meine Zeit in Ö-vik wegen eines Trauerfalls beenden und 14 Tage früher als geplant nach Hause fahren!

Also -Laptop raus und buchen.

6.6.2014

Packen, Haus reinigen, noch einmal Rasenmähen war die einzige Beschäftigung des Tages.

7.6.2014

 Ich hatte mich entschlossen die schnellste Rückreise zu wählen. Also die Fähre von Göteborg nach Kiel. Da ich aber nicht denselben Weg wie auf der Herfahrt nehmen wollte, bin ich die erste Etappe von rund 530 Kilometer über Mora bis Malung gefahren. Dort hatte ich ein Zimmer in einem Hostel gebucht. Es ist landschaftlich eine besonders schöne Strecke. Mora am Siljan-See hatten wir schon einmal im Winter bei einer Motorradtour mit Ecki, Klaus, Jens und Andre kennengelernt. Die letzten Kilometer vor Malung geriet ich in einen Wolkenbruch, dass ich dachte, ich fahre unter Wasser. Wegen der großen Hitze fuhr ich mit offener Jacke, geöffneten Lüftungsschlitzen und umgekrempelten Hosenbeinen der Motorradhose. Wie das so mit U-Booten ist, wenn die Außenhaut nicht geschlossen ist, hat man schnell Wassereinbrüche… Klatschnass kam ich im Hostel an, hängte meine Klamotten zum Trocknen auf und ging früh zu Bett.

8.6.2014

Ich war pünktlich raus und bin losgefahren.

Nach zirka 100 km machte ich eine Frühstückspause im schönsten Sonnenschein auf einem Rastplatz an einem See. Als ich beim nächsten Tankstopp die Hauptstraße verließ, bemerkte ich ein übles eiern des Hinterrades. Irgendwas gebrochen? Platten? Die Diagnose war dann: Hinterradreifen kaputt, Karkasse gebrochen, Reifen unrund. Da es Pfingstsonntag war und ein Reifenfachbetrieb nicht in Sicht war, bin ich erst einmal mit dem eiernden Hinterrad so weiter gefahren. Ich dachte, wenn ich relativ langsam fahre, könnte ich die Fähre noch pünktlich erreichen. Und so fuhr ich mit rund 70 km/h weiter, sehr langsam durch Kurven und beanspruchte den Reifen so wenig wie möglich. Gute 5 Stunden später erreichte ich nach 250 gefahrenen Kilometern mit kaputtem Reifen den Fährhafen von Göteborg – puh, Schweiß wischen, das wäre geschafft. Falls in Deutschland etwas mit dem Reifen passieren sollte, fahre ich mit dem ADAC weiter.

9.6.2014

Das Schiff war pünktlich in Kiel, ich startete in Richtung B 404 – ich wollte nicht Autobahn fahren.

Der Reifen hielt und ich erreichte mein Heimatdorf um 15:15 Uhr.

Fazit: Leider war das Ende nicht schön. Aber sonst –Immer wieder gerne-

Wenn ich bedenke, dass ich vor 35 Jahren nach einem Motorradunfall ein Vollpflegefall war, der nicht einmal selbstständig essen konnte, bin ich jetzt mächtig stolz darauf, einarmig, mit einem selbstgebauten Gespann und allein unterwegs, eine Distanz von gut 7000 km zurückgelegt habe.